Kunststofflager sorgen für mehr Sicherheit bei Kniegelenkprothesen

• Was wurde benötigt: Gleitlager für alle Funktionsgelenkpunkte; eine Alternative für PTFE-Bänder zur Führung des Kolbens im Pneumatikzylinder
• Anforderungen: beständig gegen Staub und Schmutz, schmier- und wartungsfrei, reibungs-, spiel- und geräuscharm, korrosionsbeständig, leiser Lauf, geringes Gewicht, einfache Montage, gutes Preis-Leistungsverhältnis
• Branche: Medizintechnik, Prothesen
• Erfolg für den Kunden: In den Gelenkpunkten sind durch den Wechsel von Metalllagern auf iglidur W300- und Q-Gleitlager Probleme mit Schmutzanfälligkeit, Lagerspiel und Passungsrost beseitigt. Das erhöht die Sicherheit für den Anwender, der nun viel seltener zum Orthopädenmechaniker muss.
  In den pneumatischen Kniegelenken senkt der Austausch von PTFE-Bändern durch iglidur J-Führungsringe den Montageaufwand und damit die Herstellungskosten. Zusätzlich ging die Reklamationsquote undichter Pneumatiken infolge verschlissener Kolbenführungen auf nahezu Null zurück.

Bis Ende 2010 hatte Ottobock in seinem mehrachsigen Prothesenkniegelenk 3R60 Nadel- und Bronzegleitlager im Einsatz. Die Metalllager erwiesen sich anfällig gegen Staub und Schmutz, entwickelten bei zunehmendem Spiel störende Geräusche sowie Passungsrost bei kleinen Schwenkbewegungen. Letzteres konnte die Gelenke schwergängig machen oder sogar dazu führen, dass die Achsen blockierten und zu einer Gefährdung für den Prothesenträger wurden. Herausforderung beim Verbessern der Konstruktion: Die ausgetauschten Lager müssen wartungs- sowie spielfrei arbeiten und dürfen nur einen geringen Verschleiß aufweisen. Außerdem sollen sie Stöße dämpfen sowie geräuscharm laufen und dabei ein gutes Preis-Leistungsverhältnis bieten.

Auch beim pneumatischen Kniegelenk 3R78 gab es Verbesserungsbedarf. Zur Kolbenführung im Pneumatikzylinder setzte man zunächst auf PTFE-Bänder, der zweierlei Nachteile mit sich brachte.
Problem 1: aufwändiger Herstellungsprozess. Die Bänder wurden im Coil aufgewickelt geliefert und mussten im ersten Arbeitsgang abgelängt werden. Hierbei konnte es zu unterschiedlichen Ablängmaßen kommen, wobei ein zu langes Führungsband gegebenenfalls noch einmal gekürzt werden musste, damit es in die Führungsbandnut passt. Beim Zuschneiden konnten Quetschungen des Bandes an der Zuschnittkante dazu führen, das sich die Höhe so weit verbreiterte und das Band nicht mehr in die Nut passte. In diesen Fall musste das Band zusätzlich nachgeschnitten werden. Nach dem Ablängen wurden die PTFE-Streifen abgepackt und eingelagert. Vor dem Verbauen brauchte es noch einen weiteren Arbeitsschritt: die Streifen wurden mittels einer Vorrichtung gewickelt, um eine gebogene Form vorzugeben.
Problem 2: kurze Lebensdauer. Im Einsatz führte der Abrieb der PTFE-Führungsbänder zu starken Verschmutzungen im Zylinder. Dieser Schmutz konnte den Dichtring zerstören und dazu führen, dass die Pneumatik undicht wurde.

Ottobock wechselte in beiden Fällen auf unsere wartungsfreien Kunststofflager, die dank ihrer im Material enthaltenen Festschmierstoffe keinerlei externe Schmierung benötigen, schmutzunempfindlich sind und nicht korrodieren.

Die bisherigen Nadel- und Bronzegleitlager im mehrachsigen Kniegelenk 3R60 wurden durch Gleitlager des Typs iglidur W300 und iglidur Q ersetzt. Alle Vertreter der iglidur W300-Familie sorgen für besonders hohe Standzeiten, niedrige Reibwerte und extrem hohe Abriebfestigkeit. iglidur W300 zeigt trotz hoher Elastizität eine sehr hohe Druckfestigkeit. iglidur Q Gleitlager hingegen empfehlen sich insbesondere für sehr hohe Belastungen, wenn Stoß- sowie Schlagbeanspruchung vorliegen oder Schwenkbewegungen auftreten. Unter hohen Belastungen haben sie die mit Abstand beste Verschleißfestigkeit und übertreffen viele Kunststoffgleitlager, die mit steigenden Belastungen sinkende Reibwerte aufweisen. Schon nach kurzer Einlaufphase sinkt der Reibwert auf seinen endgültigen Wert. Mit dem Lagerwechsel gehören sicherheitsrelevante Vorkommnisse durch blockierende Achsen der Vergangenheit an und die Prothesenträger müssen viel seltener zum Orthopädiemechaniker.

Im pneumatischen Kniegelenk 3R78 entschied sich Ottobock für Führungsringe aus unserem Dauerlauf-Werkstoff iglidur J. Dadurch entfallen sämtliche Arbeitsschritte, die beim Verbauen der PTFE-Führungsbänder anfielen. Ein einfaches und schnelles Einklipsen auf den Kolben erleichtert das Montieren des Kolbenringes enorm. Dadurch werden Herstellkosten (Montagekosten) gesenkt, was sich positiv auf den Gesamtpreis des Pneumatikkniegelenks auswirkt. Bei Tests zeigte sich bei den Führungsringen nach 3 Mio. Zyklen kaum wahrnehmbarer Verschleiß. So konnte die Funktionalität, Qualität und Lebensdauer des Kniegelenks erhöht werden. Seit dem Auswechseln der PTFE-Führungsbänder ging die Reklamationsquote undichter Pneumatiken infolge verschlissener Kolbenführungen auf nahezu Null zurück.

iglidur J-Führungsringe spielen auch bei der technischen Weiterentwicklung bei Ottobock eine wichtige Rolle: Für die jüngere Generation pneumatischer Gelenke (Modell 3R106) ließen die Konstrukteure einen Ring in Sonderform fertigen, der neben der Kolbenführung eine weitere Aufgabe erfüllt: Seine spezielle Geometrie ermöglicht eine kostengünstige und zuverlässig arbeitende Schnellentlüftungsfunktion im Gelenk. Dadurch reduziert sich der Katapulteffekt bei der Extension. Das Gangbild wird so insbesondere beim Wechsel von einer mittleren in eine hohe Gehgeschwindigkeit wesentlich harmonischer.